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Ken Middlemist

       

Ken Middlemist hat eine interessante Geschichte zu erzählen. In den späten 1950ern, als er 15 Jahre alt war, fing er im Verpackungsraum von Hardy Brothers mit einem Gehalt von £1 18s 1d (ungefähr 2,60 €) pro Woche an zu arbeiten. Es war eine gute Stelle aber nach ein paar Monaten dachte er an einen Wechsel und zu unserem Glück gab es eine Möglichkeit in der Fliegenabteilung. Zu der Zeit war die Abteilung auf nur sechs oder sieben Männer und ungefähr 30 Frauen zusammengeschrumpft und Ken konnte kaum glauben, so eine Möglichkeit zu haben.

Es war eine echte Lehrlingsstelle und Kenn saß am ersten Tag an einem Arbeitstisch und ihm wurde gezeigt, wie man jedes Stück der Fliege bindet, angefangen mit dem „Tag“, und dann musste er jede Stufe danach zur Zufriedenheit des Chefs erlernen. Wenn alles nicht perfekt war, hat der Chef alles vom Haken abgeschnitten und Ken musste völlig neu anfangen. Nur wenn jede Stufe genehmigt wurde, konnte er einfachere Muster wie das „Hairy Mary“ versuchen; nachdem er sie gemeistert hatte, fing er an mit komplizierten Mustern – das „Black Prince“ ist Kens Favorit – und bekam eine Gehaltserhöhung der schwindelerregenden Summe von £3 10s (4,70 €) pro Woche.

           

Er blieb in der Abteilung weitere 3 ½ Jahre, bevor er wieder wechseln wollte und eine Stelle als LNR Heizer angenommen hat. Die „Beeching“ Arbeitskürzungen brachten ihn zurück zu Hardy’s, aber drei Jahre später hatte die Firma finanzielle Schwierigkeiten und wurde verkauft. Die neuen Besitzer sahen die Fliegenabteilung als unerforderlichen Anachronismus an (was vielleicht korrekt war), weil es wahrscheinlich die letzte ihrer Art bei einer großen Angelgerätefirma in Großbritannien war. Ken hatte deshalb wieder keine Stelle und hat danach fast 20 Jahre bei der „Pit“ Eisenbahn gearbeitet.

1987 wurde er wieder entlassen, aber philosophisch wie immer, entschied er seine Garage als Werkstatt auszubauen, Platz in Amble zu mieten und wieder Fliegen zu binden, wie er es als junger Mann gelernt hatte. Seinen Betrieb zu führen, war schwierig, und er arbeitete sieben Tage die Woche mit Hilfe seiner Frau und eines jungen Mannes. Dazu hat er ein Boot gechartert, hat Gelegenheitsarbeiten gemacht und auf Vertrag von Hardy’s hat er die wahrscheinlich letzten Fortuna Rollen poliert.

1993 hat Hardy den Fortuna Vertrag beendet und Ken ging zum Hafen bei Amble, wo er neun Jahre arbeitete. In der Zeit hat er seine Werkstatt behalten und hat weiter seine Fliegen gebunden und verkaufte durch Mund-zu-Mund Propaganda. Obwohl er drei Mal von der Firma entlassen wurde, denkt Ken immer noch mit Freude an seine Zeit bei Hardys zurück, weil für ihn die Firma früher mehr eine Heimat als ein Arbeitsgeber war. „Ich habe immer zu Mr. Jim (Hardy) aufgesehen“, erinnert sich Ken, „er hieß Gentleman Jim. Früher hatten wir einen Casting Club bei Hardy’s und da habe ich das Werfen gelernt. Jim war ein internationaler Werfer und zusammen mit Ian Blackburn und Malcolm Grey gingen wir zu Wurfwettbewerben. 1961 war ich Scottish Junior Novice Champion, jedoch über die Jahre – auch als ich meine Werkstatt hatte – lehrte ich das Werfen für Northumbrian Gewässer, doch so wie die Dinge jetzt sind, muss man ein  anerkannter Lehrer sein; wissen Sie – Bürokratismus.“

Bevor Ken die alte Fabrik in den frühen 1960ern verlassen hat, versuchte Hardy’s die Fliegenbindeabteilung wirtschaftlicher zu gestalten. Der Arbeitsplatz war 1959, als er angefangen hatte, identisch mit dem eines Lehrlings des 19. Jahrhunderts. Laut Ken: „Man hatte am Anfang einen Korkstreifen am Arbeitstisch, eine Schublade für Materialien, eine Schere, eine Pinzette und ein Wachsstück. Ich hätte einen Bindestock benutzen können, aber das wäre für mich nicht möglich.“ Es scheint erstaunlich, aber Ken hat nie eine Fliege im Bindestock gebunden, weil er schneller ohne arbeiten kann.

Obwohl Veniard ein Lieferant für Hardy’s war, hat der Meister während Kens Zeit die ganzen Federn und Hecheln gefärbt. Als die Hardy Familie die Firma geleitet hat, waren sie Verfechter der Tradition und es gab einen richtigen Weg, alles zu machen, einschließlich wie Ruten in ihre Taschen verstaut und Fliegen gezeigt wurden. Die Fliegenbinder mussten ihr eigenes Wachs herstellen (interessanterweise benutzt Ken heute Wachs von Veniard; er sagt, es ist dem Original am ähnlichsten).

Die Fliegenabteilung produzierte die ganzen Muster vom Hardy Katalog sowie Sonderbestellungen, und die Angestellten mussten alles binden: full-dressed Muster, short-dressed Muster und - später - Haarflügel. Es war Fließbandarbeit mit einem Unterschied. Es war nicht leicht, mitten im Binden eines Musters aufzuhören, sodass jeder Binder Bindematerialien vorher aussortieren, Tinsel zurecht schneiden, die korrekte Flosssorte sowie alle Hecheln finden und falten musste. Ken ist sehr deutlich im letzten Punkt - es war eine Regel in der Werkstatt, dass Hecheln zu falten und nie abzuziehen waren. Als Bestellungen einliefen, hat der Meister sie aufgeschrieben und seinen Zettel dem Binder gegeben und das war es. Einfachere Muster hat man mit einer Rate von vier Dutzend pro Tag gebunden, aber full-dressed Fliegen wie die Black Doctor oder die Durham Ranger brauchten etwas mehr Zeit, aber es wurde erwartet, dass die Binder drei Dutzend pro Tag davon produzierten.

Ken ist höchstwahrscheinlich der letzte noch lebende Fliegenbinder, der sein ganzes Leben Fliegen mit der Hand gebunden hat, seit dem er Lehrling bei einem internationalen Angelgerätehersteller war.

(aus Fly Fishing & Fly Tying Magazine adaptiert)

Wir bedanken uns bei dem Fly Fishing & Fly Tying Magazin für die freundliche Bereitstellung des Textes.

(Fotos von Andrew Herd)